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Rechenzentren als Turbo für die Stadtentwicklung

Maschinenraum des Internets ++ Gewerbegebiet

Edge-Rechenzentren sorgen für besonders kurze Latenzzeiten, die für viele kritische IT-Anwendungen essenziell sind. Ihre wahre Superkraft liegt jedoch darin, einer Region neues Leben einzuhauchen. Gerade ländliche Gemeinden können mit einer guten digitalen Infrastruktur und eigenem Rechenzentrum sowohl Unternehmen als auch Bürgern verlockende Anreize bieten – und so nicht nur der Landflucht entgegenwirken, sondern sogar wachsen und gedeihen.

Früher galt eine gute Anbindung an das überregionale Straßen-, Schienen- und Schifffahrtsnetz als wichtiger Wettbewerbsfaktor. Heutzutage ist eine gute digitale Infrastruktur mindestens genauso wichtig, denn viele Geschäftsmodelle haben sich gewandelt, neue sind hinzugekommen. Auch das Freizeitverhalten ändert sich, so laufen bei den Jüngeren beispielsweise Streaming-Dienste dem klassischen Fernsehen den Rang ab. Immer mehr berufliche und private Aktivitäten finden im und über das Internet statt – somit ist eine sehr gute digitale Infrastruktur für eine florierende Wirtschaft und die Zufriedenheit der Menschen unabdingbar.

Vorteile von Edge-Rechenzentren

Edge-Rechenzentren sind Rechenzentren, die dort stehen, wo die Daten, die darin gespeichert und verarbeitet werden sollen, anfallen. Sie können theoretisch jede Größe haben – von einem kleinen Container bis zu Gebäuden mit vielen Tausend Quadratmetern Fläche – oder auch in einem Colocation-Rechenzentrum angesiedelt sein. Auf dem Vormarsch sind insbesondere solche, die in Kleinstädten und auch in ländlichen Gemeinden errichtet werden.

Die Lokalpolitik – genauer: die Landräte, Gemeinderäte und Bürgermeister – denken langsam um. Viele haben erkannt, dass eine Gemeinde, die über ein Rechenzentrum verfügt, grundsätzlich sehr attraktiv für Start-ups und andere Unternehmen ist, die sich irgendwo neu ansiedeln möchten. „Es handelt sich also um einen Wettbewerbsvorteil, den die Städte und Gemeinden für sich nutzen können“, so Werner Theiner, stellvertretender Vorsitzender des German Mittelstand e. V. und Digitalisierungsexperte.

Die gute digitale Infrastruktur schafft Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle und die Vernetzung vor Ort kann zu neuen Kooperationen führen. Das zieht weitere Unternehmen an, die wiederum mehr Menschen anziehen – sowohl als Kunden als auch als Arbeitnehmer –, wodurch sich mehr Menschen in der Region niederlassen, was der Landflucht entgegenwirkt. Dabei ist auch wichtig, dass junge Menschen nicht länger aus der Region herausgelockt werden.

Maschinenraum des Internets ++ Glasfaser-Switch

Bei attraktiven Rahmenbedingungen und einer guten Internetanbindung auf dem Land muss niemand mehr weite Wege in eine Großstadt pendeln oder dorthin ziehen, um da zu arbeiten. Zurzeit zeigt uns die Corona-Pandemie, dass große Metropolen, in denen Menschen dicht gedrängt leben und arbeiten, schwerwiegende Nachteile haben. Daher wird momentan das Homeoffice großgeschrieben und man darf davon ausgehen, dass es auch nach der Corona-Krise eine größere Rolle spielen wird als zuvor. Dafür sind natürlich ebenfalls gute Internetanbindungen unausweichlich.

Ein konkretes Beispiele dafür, wie sehr ein Edge-Rechenzentrum vor Ort nützt, ist das Thema Smart Mobility, das ohne die entsprechende Infrastruktur nicht funktionieren kann. Hier sind extrem kurze Latenzzeiten für die Sicherheit essenziell. Beträgt die Verzögerung durch die Datenübertragung nur wenige Millisekunden mehr, kann das schon tödlich sein. So kurze Latenzzeiten können aber nur durch kurze Wege zum Rechenzentrum erreicht werden. Ohne Edge-Rechenzentren geht es also nicht. Hinzu kommt, dass es sich um Informationen handelt, die lokal abgehandelt werden können, weil sie nur lokal von Interesse sind – etwa Staumeldungen. „Solche Daten müssen erst gar nicht um die halbe Welt oder durch halb Deutschland geschickt werden. Wer in München unterwegs ist, interessiert sich nicht für einen Stau in der Nähe von Köln“, sagt Werner Theiner.

Zudem legen viele kleine und mittlere Unternehmen Wert darauf, dass ihre Daten, wenn sie sie schon außer Haus geben, in der Region gespeichert werden. Die Gründe dahinter sind nicht immer rationaler Natur, oft handelt es sich um eine rein emotionale Entscheidung. Aber viele haben nun mal ein besseres Gefühl dabei und für sie können Edge-Rechenzentren die perfekte Lösung sein.

Maschinenraum des Internets ++ Bagger

Das Projekt Gemeinde-Edge-Rechenzentren

Um Gemeinden beim Aufbau einer digitalen Infrastruktur zu unterstützen, treibt der German Mittelstand e. V. in Zusammenarbeit mit Di2 (Digital Infrastructure Investment) das ProjektGemeinde-Edge-Rechenzentren (Gem-ERZ) voran. „Das Projekt baut – in enger Absprache mit den Landräten und Bürgermeistern – eine Infrastruktur aus lokalen Rechenzentren auf und versorgt die Regionen bei Bedarf entsprechend mit schneller Glasfaseranbindung“, erklärt Werner Theiner.

German Mittelstand stellt dazu als Serviceagentur den Kontakt zwischen Lokalpolitik, regionaler Wirtschaft und den passenden Dienstleistern und Ausstattern her. „Wir organisieren die Vorfeldstudie, anhand derer sich erkennen lässt, wo sich ein Rechenzentrum rentiert. Das schafft Investitionssicherheit für die Investoren und für die Betreiber. Anschließend begleiten wir das lokale Rechenzentrum von der Finanzierung bis zum Betrieb“, so Werner Theiner.

Die Voraussetzungen, damit das Projekt GemERZ erfolgreich verlaufen kann, sind:

  • Betreiber, die gern auch aufs Land gehen und dort ein Rechenzentrum betreiben möchten. Häufig handelt es sich um schon bestehende Rechenzentrumsbetreiber, die nicht die erforderliche Größe haben, um eine riesige Rechenzentrumsfläche in der Frankfurter Innenstadt aufzubauen, die aber Potenzial darin erkennen, in die ländliche Breite zu investieren und auf diese Art zu wachsen.
  • Grund und Boden in den jeweiligen Regionen, der natürlich gekauft wird. Das übernimmt Di2 als Investorenpool.
  • Einrichtung und Betrieb des Rechenzentrums. Dafür ist der Rechenzentrumsbetreiber zuständig.

Um die Umsetzung solcher Gemeinde-Edge-Rechenzentren zu beschleunigen, wünscht sich Werner Theiner „kreative Menschen, die zukunftsorientiert denken“. Man müsse das Thema nicht sofort umsetzen, das gehe auch in drei oder vier Jahren, „aber es wäre gut, in den Gemeinden nun den Nährboden zu schaffen und eine breite Akzeptanz zu fördern“.

Indem sie neue Wege in der Digitalisierung ihrer Region beschreiten, können Gemeinden der Wirtschaft Wachstumsimpulse und den Menschen eine bessere Lebensqualität bieten. Die ersten Schritte sind gar nicht so schwer.

German Mittelstand e. V.
Di2

Fotos © Kjekol, Poungsaed_eco und Liufuyu | Envato Elements Pty Ltd.

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High-Performance Computing in Keflavik

Maschinenraum des Internets ++ Island

2012 nahm Verne Global auf einem ehemaligen NATO-Gelände unweit von Keflavik seinen Datacenter Campus in Betrieb. Inzwischen umfasst das Gelände mehr als 60.000 Quadratmeter Technikfläche. Im Interview erklärt CEO Dominic Ward die Vorzüge von Island als Standort und wie die Rechenzentren von Verne Global selbst mit Vulkanasche fertig werden.

Für viele Rechenzentrumsbetreiber auf dem europäischen Festland gehört es zu den wichtigsten Aufgaben, ausreichend Energie zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung zu stellen. Welche wichtigen Herausforderungen im Zusammenhang mit Energie gibt es in Island, also an einem Standort, an dem Energie im Überfluss vorhanden ist?

Unser Rechenzentrumscampus befindet sich genau wegen der zuverlässigen und nachhaltigen Energieversorgung in Island. Island ist weltweit das einzige Land, das seine Energie zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen bezieht. Das sind Wasserkraft, Geothermie und mit einem kleinen Anteil Wind.

Auch unter erneuerbaren Energiequellen ragen Wasserkraft und Geothermie heraus. Im Gegensatz zu Wind- und Solarenergie, die Schwankungen unterliegen, sind Wasserkraft und Geothermie konstant, stabil und zuverlässig. Dazu kommt: Gegenwärtig nutzen wir in Island nur ungefähr zehn Prozent unserer geothermischen Ressourcen, ein gewaltiges Potenzial ist also noch ungenutzt.

Maschinenraum des Internets ++ Wasserkraftwerke von Landsvirkjun
Wasserkraftwerke von Landsvirkjun

Das Klima in Island ist moderat und ermöglicht spürbare Ersparnisse bei den Energiekosten bei der Klimatisierung im Rechenzentrum. An anderen Standorten werden oft 40 Prozent oder mehr des gesamten Energieverbrauchs für die Klimatisierung benötigt. Island ist eines der wenigen Ländern dieser Erde, an denen natürliche Freiluftkühlung jeden Tag und den ganzen Tag möglich ist.

Freiluftkühlung bedeutet weniger Energiebedarf im Alltag und damit geringere Kosten. Es ist sogar so: Für jedes Watt, das für den Betrieb der Server unserer Kunden in Island nötig ist, brauchen wir nur 0,05 Watt zusätzlich für die Kühlung, wohingegen an anderen Standorten pro Watt für den Serverbetrieb teilweise ein weiteres Watt für die Kühlung der Server nötig ist.

Die Stromkosten in Island sind höchst vorhersehbar und können für bis zu zehn Jahre festgelegt werden. Die geringen Stromkosten können im Vergleich zu anderen europäischen Ländern enorme Kostenersparnisse heute und in der Zukunft mit sich bringen.

Maschinenraum des Internets ++ Geothermalkraftwerk Krafla
Geothermalkraftwerk in Krafla

Die einzigartige Mischung aus im Überfluss vorhandenen, 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammender Energie aus stabilen geothermischen und Wasserkraftquellen, dem für Freiluftkühlung perfekten, moderaten Klima und dem Vorteil langfristig kalkulierbarer Energiekosten machen Island zum perfekten Standort für Rechenzentren.

Ein weiteres Thema ist Latenz. Islands offensichtlicher Vorteil ist die Lage zwischen Europa und Nordamerika. Allerdings ist Island weit entfernt von Metroregionen wie Frankfurt, London oder Amsterdam. Ist das für Ihre Kunden eine Herausforderung und wenn ja, wie helfen Sie ihnen dabei?

Die Kunden von Verne Global betreiben eine Vielzahl an Anwendungen, einschließlich High Performance Computing (HPC) und Machine Learning mit hohen Rechenaufwand. Ob in den Life Sciences, Research, Maschinenbau oder in der Finanzwirtschaft, fokussieren die meisten unserer Kunden auf HPC und High Density-Konfigurationen. Diese Anwendungen laufen für Minuten, Stunden, Tage oder sogar Wochen und mit zunehmender Dauer werden Standort und Latenzen immer unbedeutender.

Maschinenraum des Internets ++ Datacenter von Verne Global
Rechenzentrum von Verne Global

Zeitkritische Anwendungen wie der Hochfrequenzhandel oder das Geschäft mit Online-Anzeigen benötigen niedrige Latenzen, aber bei der Mehrzahl der Anwendungen im Enterprisesegment, circa 85 Prozent, ist Latenz nicht entscheidend, womit Entfernungen grundsätzlich unwichtiger werden und im Fall von HPC nahezu bedeutungslos.

Island ist ein geologischer Hotspot. Wie gehen Sie die damit verbundenen Herausforderungen an?

Islands geothermische Aktivität ist der wichtigste Lieferant von nachhaltiger, grüner Energie und ermöglicht uns einen weltweit einzigartigen, grünen Footprint. Island wurde 2016 im Data Centre Risk Index des globalen Beratungsunternehmens Cushman & Wakefield als weltweit sicherster Standort für Rechenzentren gekürt. Im World Risk Report des Bündnis Entwicklung Hilft (BEH) im Jahr 2019 wurde Island als Standort mit geringem Desasterrisiko, geringer als Deutschland, Schweden und die Schweiz gekennzeichnet.

Maschinenraum des Internets ++ Konzept "powerDIRECT" bei Verne Global
Konzept „powerDIRECT“ bei Verne Global

Für den Fall eines Vulkanausbruchs ist in unserem Rechenzentrum ein fortschrittliches Filtersystem installiert, das Vulkanasche aus der Luft filtert und so dafür sorgt, dass unsere Räume nicht belastet werden. Wir haben auch Support vor Ort rund um die Uhr, sollte es zu Einschränkungen im Luftverkehr kommen, kann unser Kundendienst am Standort weiterhin das Equipment unserer Kunden warten.

Maschinenraum des Internets ++ Datacenter Campus von Verne Global
Datacenter Campus von Verne Global bei Keflavik

Unser Campus befindet sich im westlichsten Teil von Island auf einem früheren NATO-Gelände, das wegen seiner Sicherheit und Stabilität ausgesucht wurde.

Warum entscheiden sich Ihre Kunden für Sie?

Verne Global ist führend im Bereich Intensity und HPC. Precision Computing ist vielen unserer Kunden wichtig, sei es BMW, die unzählige Modelle für Crash-Test-Simulationen laufen lassen oder DeepL aus Köln, die große Datenmengen für maschinelles Übersetzen verwenden.

Maschinenraum des Internets ++ High-Performance Computing bei Verne Global
High-Performance Computing bei Verne Global

Wir sind optimiert auf HPC und bieten Kunden verbesserte Performance kombiniert mit so viel Computingressourcen wie sie benötigen sowie eine effizienten Energienutzung. Die Workloads unserer Kunden benötigen oft vergleichsweise hohe Rack-Dichte und wir stellen ihnen die nötige Dichte zur Verfügung, um mit hohen Workloads und Aufgaben zurechtzukommen.

Unser Standort in Island bietet die ideale Mischung aus nachhaltiger Energie, einem zuverlässigen Stromnetz und dem perfekten Klima, um rund ums Jahr mit Freiluft zu kühlen. Unterm Strich können unsere Kunden so ihre Stromkosten signifikant senken und von planbaren Energiekosten für die absehbare Zukunft ausgehen, während sie HPC in einer dafür optimierten Umgebung nutzen.

Dominic Ward bei LinkedIn
Verne Global

Fotos © Verne Global

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Aus dem Schatten getreten

Maschinenraum des Internets ++ Bodenfliese im Rechenzentrum

Noch nie zuvor merkten wir so intensiv, wie wichtig digitale Infrastrukturen für unser Leben und Arbeiten sind. Vom Homeoffice über Homeschooling bis hin zu Videochats mit Freunden und Familie – wer in den vergangenen Monaten keine gute digitale Anbindung hatte, war zum Teil von der Außenwelt abgeschnitten. Jetzt ist die Gelegenheit, digitalen Infrastrukturen durch veränderte Rahmenbedingungen endlich auch politisch den Rücken zu stärken.

„Funktionierende und leistungsfähige digitale Infrastrukturen sind das Rückgrat einer gelingenden digitalen Transformation in Deutschland und gleichzeitig Wachstumsmotor, Innovationstreiber und Multiplikator für andere Industrien, insbesondere im Bereich Industrie 4.0“, sagt Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland, die sich 2017 unter dem Dach des eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. gegründet hat. Gerade angesichts der Corona-Krise sähen wir, wo digitale Infrastrukturen als Innovationstreiber beispielsweise in den Bereichen Verkehr und Homeoffice-Anwendungen wirkten.

Digitale Infrastrukturen erwiesen sich in der Corona-Krise als wichtiger Motor, der unsere Gesellschaft und die Wirtschaft am Laufen hielt. Lange Diskussionen um den Einsatz bestimmter Cloudangebote oder Bildungsplattformen nahmen ein jähes Ende – durch den akuten Bedarf mussten Lösungen umgehend gefunden werden und sofort flexibel skalierbar einsatzbereit sein. In vielen Bereichen bedeutete das einen Schub für digitale Infrastrukturen. Schließlich investierten Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Privathaushalte in schnellere Internetverbindungen sowie neue Dienste und der Datenverkehr stieg auf Rekordwerte. Rechenzentren und Cloudanbieter arbeiteten mit Hochdruck, um der Nachfrage gerecht zu werden. 

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Dass die Politik und Öffentlichkeit endlich digitale Infrastrukturen als Wirtschaftsfaktor in Deutschland wahrnehmen und bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden, fordern seit Jahren die Mitglieder der Allianz, darunter DE-CIX, Interxion, Amazon Web Services und Siemens. „Digitale Infrastruktur bedeutet nicht einfach nur Breitbandausbau, sondern es umfasst vielmehr ein starkes Netzwerk von Rechenzentren, Cloudinfrastrukturanbietern, Internetaustauschknoten und Internet- und Hosting-Serviceprovidern. Sie alle bilden das eigentliche Rückgrat digitaler Wertschöpfungs- und Innovations-Ökosysteme. Die Politik muss ihre Innovations- und Wirkpotenziale sowie ihre Herausforderungen volkswirtschaftlich endlich stärker gewichten und in Politikkonzepte einbeziehen“, erklärt Alexander Rabe, Geschäftsführer des eco Verbands.

Maschinenraum des Internets ++ Hannes Ametsreiter
Hannes Ametsreiter © Vodafone

Hannes Ametsreiter, CEO bei Vodafone Deutschland, der sich ebenfalls in der Allianz engagiert, betont: „Die Zukunft Deutschlands liegt in seiner digitalen Infrastruktur – und damit nicht zuletzt in den Händen der Politik, die diese mit einer gezielten Förderung des Netzausbaus in Mobilfunk und Festnetz als auch einer Betrachtung von Rechenzentren als integralem Bestandteil eine digitalen Ökosystems stärken kann. Das schafft neue Geschäftsmodelle. Das schafft Arbeitsplätze. Das schafft Wohlstand.“

Reale Bedingungen bremsen die nachhaltige Digitalisierung 

Doch in der Praxis sahen sich die Betreiber digitaler Infrastrukturen bislang eher mit großen Herausforderungen, mangelnder Anerkennung und Unterstützung konfrontiert. „Fachkräftemangel, langwierige Genehmigungsverfahren und nicht zuletzt die hohen Stromkosten sind eindeutige Standortnachteile und eine Gefahr für den Digitalstandort Deutschland. Nicht nur in Sachen Breitbandausbau hat Deutschland seine Hausaufgaben nicht gemacht, sondern auch bei der Ansiedlungspolitik und Pflege bestehender Infrastrukturen besteht Nachholbedarf“, erklärt Allianz-Sprecher Waldhauser.

Jetzt, wo die Infrastrukturen aus dem Schatten getreten und in das Bewusstsein gerückt sind, besteht die Chance, endlich etwas an dieser Situation zu ändern. So begrüßte die Allianz ausdrücklich den Beschluss der Energieminister und Senatoren der Bundesländer, Stromkosten zu senken und dadurch ein nachhaltiges Energiewende-Konjunkturprogramm anzustoßen. „Stromkosten sind ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor für Rechenzentren. Die Stromkosten sind in Deutschland teilweise viermal so hoch wie im europäischen Vergleich. Dies liegt vor allem an der sogenannten EEG-Umlage, weiteren Abgaben und der Stromsteuer, die es in dieser Art und Höhe in anderen Ländern nicht gibt“, sagt Waldhauser. 

Maschinenraum des Internets ++ Solarstrom

Insbesondere die Umlage im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist ihm und seinen Mitstreitern seit Jahren ein Dorn im Auge. Betreiber von Rechenzentren gelten nicht als produzierendes Gewerbe und sind deshalb nicht von der Zahlung der EEG-Umlage befreit. Diese erweist sich als Wettbewerbsnachteil und Investitionshemmnis. Bereits 2014 mahnte der damalige Interxion-Geschäftsführer Peter Knapp im Hinblick auf die Tatsache, dass der Strom allein schon doppelt so viel wie zum Beispiel in Frankreich kostete: „Es ist fünf vor zwölf, die Politik muss jetzt handeln.“ 

Dabei benötigen Rechenzentren hierzulande ohne Frage enorme Mengen Strom, laut dem Netzwerk energieeffiziente Rechenzentren (NeRZ) rund 12,4 Milliarden Kilowattstunden im Jahr 2016, was in etwa 2,3 Prozent des deutschen Strombedarfs entsprach. Aber wie eine aktuelle Studie von eco und der Allianz zeigt: Während sich der Bedarf an Rechenleistung durch die anhaltende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft in den vergangenen zehn Jahren verzehnfacht hat, ist der Energiebedarf pro Gigabit in Rechenzentren heute zwölfmal niedriger als noch im Jahr 2010.

Stromkosten sind ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor für Rechenzentren. Die Stromkosten sind in Deutschland teilweise viermal so hoch wie im europäischen Vergleich.

Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland

Da Stromkosten ein wichtiger Wettbewerbsfaktor sind, besteht großes Interesse der Betreiber, diese möglichst durch den Einsatz neuester Technik und Erkenntnisse so gering wie möglich zu halten. Und wie würde der Energieverbrauch aussehen, wenn Unternehmen statt Colocation zu nutzen, ihre eigene, womöglich veraltete IT, alle selbst intern betrieben? 

„Die Umlagen, Abgaben und Steuern für Rechenzentren müssen daher auf ein moderates Niveau gesenkt werden, um diesen Wettbewerbsnachteil abzumildern und international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Länder haben diesen Zusammenhang richtig erkannt. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch und sollten jetzt rasch umgesetzt werden“, so Waldhauser. Die Abschaffung der EEG-Umlage für Rechenzentren könnte ein erster wichtiger Schritt sein, um digitalen Infrastrukturen die ihnen gebührende Wertschätzung zukommen zu lassen.

Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland

Fotos © Kjekol, Chuyu2014 | Envato Elements Pty Ltd.

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Maschinenraum des Internets ++ Ticker

Auffallen, ohne aufzufallen

Maschinenraum des Internets ++ Arbeiten im Rechenzentrum

Im Maschinenraum des Internets sind noch Stellen frei. Speziell am Hub Frankfurt gibt es viele Möglichkeiten, vor allem für Techniker. So steht es in den Jobportalen. Was dort allerdings nicht steht: Dass, wer hier arbeiten will, eine Qualifikation mitbringen sollte, die in keiner Ausbildung gelehrt wird.

Mit der IT verhält es sich schließlich so: Jeder will sie benutzen, ohne darüber nachzudenken. Alles soll intuitiv, verlässlich, sicher funktionieren. Wer mit IT arbeitet – und wer tut das nicht? – möchte nicht darüber nachdenken, ob heute wohl wieder alles flutscht und warum. Wer mit IT arbeitet, erwartet, dass die IT funktioniert. 

Anerkennung setzt Sichtbarkeit voraus, aber wer für das Funktionieren der IT Verantwortung trägt, wird oft erst dann sichtbar, wenn nichts mehr geht. Selbst wenn die mehr oder weniger unsichtbare, hochmoderne Infrastruktur in mehr als 99,999 Prozent der Zeit unbemerkt vor sich hinfunzt. Das kann frustrierend sein.  

Der beste Schutz vor Frust ist Selbstwirksamkeit. Diese Erkenntnis ist auch in unserer Branche angekommen, weshalb wir vor einiger Zeit angefangen haben, uns selbst um Sichtbarkeit und Anerkennung zu kümmern. Das erklärt, warum Rechenzentren neuerdings nicht mehr nur reine Zweckbauten sind, sondern auch mal eine architektonisch auffällige Fassade spendiert bekommen.

Maschinenraum des Internets ++ FRA15 – Interxion Rechenzentrum
Rechenzentrum FRA15 © Interxion

Und es erklärt die Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland, die mit einigem Nachdruck darauf hinweist, welche Rolle die grundlegende Netzwerkinfrastruktur für die Wirtschaft und längst auch für das Funktionieren einer offenen und freien Gesellschaft spielt. Rechenzentrumsbetreiber, Colocation-Anbieter, Internet Service Provider, Carrier, Cloudanbieter, Softwarehersteller und Vertreter aus der Anwendungsindustrie machen sich hier gemeinsam sichtbar und werben um Anerkennung, die sich gerne auch in unterstützender, statt hemmender Standortpolitik bemerkbar machen darf.

Und wir machen mit Botschaften wie diesen auf uns aufmerksam, mit denen der Nutzen einer modernen IT herausgestellt wird: „Die IT wird vom Kostenfaktor zum Innovationstreiber.“ „Kosten senken und Umsatz steigern durch effiziente IT .“ „Neue Märkte erschließen mit besserer Connectivity.“ Allesamt Botschaften mit denen, die IT primär aus der Anwenderperspektive kennen, dazu gebracht werden sollen, genauer hinzuschauen und zu entdecken, welche phantastische Arbeit ganz unten erbracht wird.

In klugen Unternehmen ist das nichts Neues. Hier ist der Wert einer funktionierenden und neue Wege erschließenden IT bekannt. Mehr Sicherheit, weniger Latenz. Mehr Connectivity, weniger Kosten. Neue Märkte, mehr Kunden, mehr Vielfalt beim Angebot möglicher Partner. Mehr von alledem, was letztlich zu den Metriken führt, die zum unternehmerischen Erfolg beitragen: Mehr Reichweite, mehr Kunden, mehr Aufmerksamkeit, mehr Umsatz. Mehr Gewinn.

Hier könnte die Geschichte enden. Ein kluges Unternehmen, das die Bedeutung der IT-Infrastruktur erkennt, entsprechend handelt und sich so einen Wettbewerbsvorteil gegenüber denjenigen sichert, die weniger vorausschauend und agil managen.

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eco – Verband der Internetwirtschaft e. V.

Wem würde eine solche Geschichte, eine typische Success Story nicht gefallen? Wer würde sie nicht für eine gute Geschichte halten? Nun. Vielleicht diejenigen, die nach uns kommen? Oder alle die, die schon heute nicht nur danach fragen, „warum“ wir etwas tun. Sondern die auch wissen wollen „wozu“? 

Kausaler versus modaler Zusammenhang

Warum und wozu: Zwei Fragewörter, die eigentlich recht ähnlich sind, die auch oft ganz ähnlich gebraucht werden, die aber doch ganz unterschiedliche Antworten ermöglichen. Das wird in den drei oben genannten Botschaften deutlich. Sie alle zielen nicht nur auf das Warum ab, sondern ganz konkret das Wozu? Es geht dabei nicht um kausale Zusammenhänge. Wer nur nach dem kausalen Zusammenhang fragt, ist schneller zufrieden zu stellen: 

„Warum brauchen wir eine vernünftige IT?“ 
„Um unsere Daten verarbeiten zu können!“

 
Wer aber nach einem modalen Zusammenhang fragt, will es genauer wissen. 

„Wozu brauchen wir eine vernünftige IT?“ 
„Um unsere Daten verarbeiten zu können.“ 
„Und wozu diese Datenverarbeitung?“ 
„Um unseren Kunden ein besseres Nutzererlebnis bieten zu können?“ 
„Und wozu das bessere Nutzererlebnis?“ 
„Damit unser Laden nicht pleite geht.“ 
„Und wozu genau braucht es nochmal Ihren Laden?“ 
„Öhm. Da muss ich etwas ausholen.“
„Oder erst noch mal in Ruhe nachdenken?“

Sich der Frage nach dem Wozu zu stellen, ist anstrengend. Es ist aber auch wichtig. Gerade in einer so energieintensiven Branche wie unserer.

Mein Tipp, für alle, die „sich verändern wollen“ und daher freie Stellen im Maschinenraum des Internets scannen: Fühlen Sie Ihren potenziellen Arbeitgebern ruhig mal mit der Frage nach dem Wozu auf den Zahn. Die Antwort könnte Ihnen einiges darüber verraten, ob Sie Ihre Zukunft in die Sorte Geschäftsmodell investieren, nach dem zurzeit alle suchen: ein sinnvolles und nachhaltiges.

Fotos © Dotshock | Envato Elements Pty Ltd.

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Maschinenraum des Internets ++ Ticker

Rechenzentren ermöglichen nachhaltige Digitalisierung

Während sich der Bedarf an Rechenleistung in den vergangenen zehn Jahren rund verzehnfacht hat, ist der Energiebedarf pro Gigabit in Rechenzentren heute 12-mal niedriger als noch im Jahr 2010. Gleichzeitig sinken europaweit die CO2-Emissionen im Datacenter – und könnten sich bis 2030 sogar um 30 Prozent reduzieren, so der Vorabauszug einer neuen Studie des eco Verbands.

eco.de

Ranking der Datacenter-Standorte

Die besten Standorte für den Neubau oder die Erweiterungen von Rechenzentren hat das US-Unternehmen Cushman-Wakefield untersucht. Nach der aktuellen Studie der Immobilienberater befinden sich unter den Top 10 Singapur (6), Amsterdam (7), London (10) sowie sieben weitere Standorte in den USA. Frankfurt belegt den ersten Platz – im Hinblick auf die Stromkosten.

cushmanwakefield.com