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Rechenzentren als Turbo für die Stadtentwicklung

Maschinenraum des Internets ++ Gewerbegebiet

Edge-Rechenzentren sorgen für besonders kurze Latenzzeiten, die für viele kritische IT-Anwendungen essenziell sind. Ihre wahre Superkraft liegt jedoch darin, einer Region neues Leben einzuhauchen. Gerade ländliche Gemeinden können mit einer guten digitalen Infrastruktur und eigenem Rechenzentrum sowohl Unternehmen als auch Bürgern verlockende Anreize bieten – und so nicht nur der Landflucht entgegenwirken, sondern sogar wachsen und gedeihen.

Früher galt eine gute Anbindung an das überregionale Straßen-, Schienen- und Schifffahrtsnetz als wichtiger Wettbewerbsfaktor. Heutzutage ist eine gute digitale Infrastruktur mindestens genauso wichtig, denn viele Geschäftsmodelle haben sich gewandelt, neue sind hinzugekommen. Auch das Freizeitverhalten ändert sich, so laufen bei den Jüngeren beispielsweise Streaming-Dienste dem klassischen Fernsehen den Rang ab. Immer mehr berufliche und private Aktivitäten finden im und über das Internet statt – somit ist eine sehr gute digitale Infrastruktur für eine florierende Wirtschaft und die Zufriedenheit der Menschen unabdingbar.

Vorteile von Edge-Rechenzentren

Edge-Rechenzentren sind Rechenzentren, die dort stehen, wo die Daten, die darin gespeichert und verarbeitet werden sollen, anfallen. Sie können theoretisch jede Größe haben – von einem kleinen Container bis zu Gebäuden mit vielen Tausend Quadratmetern Fläche – oder auch in einem Colocation-Rechenzentrum angesiedelt sein. Auf dem Vormarsch sind insbesondere solche, die in Kleinstädten und auch in ländlichen Gemeinden errichtet werden.

Die Lokalpolitik – genauer: die Landräte, Gemeinderäte und Bürgermeister – denken langsam um. Viele haben erkannt, dass eine Gemeinde, die über ein Rechenzentrum verfügt, grundsätzlich sehr attraktiv für Start-ups und andere Unternehmen ist, die sich irgendwo neu ansiedeln möchten. „Es handelt sich also um einen Wettbewerbsvorteil, den die Städte und Gemeinden für sich nutzen können“, so Werner Theiner, stellvertretender Vorsitzender des German Mittelstand e. V. und Digitalisierungsexperte.

Die gute digitale Infrastruktur schafft Möglichkeiten für neue Geschäftsmodelle und die Vernetzung vor Ort kann zu neuen Kooperationen führen. Das zieht weitere Unternehmen an, die wiederum mehr Menschen anziehen – sowohl als Kunden als auch als Arbeitnehmer –, wodurch sich mehr Menschen in der Region niederlassen, was der Landflucht entgegenwirkt. Dabei ist auch wichtig, dass junge Menschen nicht länger aus der Region herausgelockt werden.

Maschinenraum des Internets ++ Glasfaser-Switch

Bei attraktiven Rahmenbedingungen und einer guten Internetanbindung auf dem Land muss niemand mehr weite Wege in eine Großstadt pendeln oder dorthin ziehen, um da zu arbeiten. Zurzeit zeigt uns die Corona-Pandemie, dass große Metropolen, in denen Menschen dicht gedrängt leben und arbeiten, schwerwiegende Nachteile haben. Daher wird momentan das Homeoffice großgeschrieben und man darf davon ausgehen, dass es auch nach der Corona-Krise eine größere Rolle spielen wird als zuvor. Dafür sind natürlich ebenfalls gute Internetanbindungen unausweichlich.

Ein konkretes Beispiele dafür, wie sehr ein Edge-Rechenzentrum vor Ort nützt, ist das Thema Smart Mobility, das ohne die entsprechende Infrastruktur nicht funktionieren kann. Hier sind extrem kurze Latenzzeiten für die Sicherheit essenziell. Beträgt die Verzögerung durch die Datenübertragung nur wenige Millisekunden mehr, kann das schon tödlich sein. So kurze Latenzzeiten können aber nur durch kurze Wege zum Rechenzentrum erreicht werden. Ohne Edge-Rechenzentren geht es also nicht. Hinzu kommt, dass es sich um Informationen handelt, die lokal abgehandelt werden können, weil sie nur lokal von Interesse sind – etwa Staumeldungen. „Solche Daten müssen erst gar nicht um die halbe Welt oder durch halb Deutschland geschickt werden. Wer in München unterwegs ist, interessiert sich nicht für einen Stau in der Nähe von Köln“, sagt Werner Theiner.

Zudem legen viele kleine und mittlere Unternehmen Wert darauf, dass ihre Daten, wenn sie sie schon außer Haus geben, in der Region gespeichert werden. Die Gründe dahinter sind nicht immer rationaler Natur, oft handelt es sich um eine rein emotionale Entscheidung. Aber viele haben nun mal ein besseres Gefühl dabei und für sie können Edge-Rechenzentren die perfekte Lösung sein.

Maschinenraum des Internets ++ Bagger

Das Projekt Gemeinde-Edge-Rechenzentren

Um Gemeinden beim Aufbau einer digitalen Infrastruktur zu unterstützen, treibt der German Mittelstand e. V. in Zusammenarbeit mit Di2 (Digital Infrastructure Investment) das ProjektGemeinde-Edge-Rechenzentren (Gem-ERZ) voran. „Das Projekt baut – in enger Absprache mit den Landräten und Bürgermeistern – eine Infrastruktur aus lokalen Rechenzentren auf und versorgt die Regionen bei Bedarf entsprechend mit schneller Glasfaseranbindung“, erklärt Werner Theiner.

German Mittelstand stellt dazu als Serviceagentur den Kontakt zwischen Lokalpolitik, regionaler Wirtschaft und den passenden Dienstleistern und Ausstattern her. „Wir organisieren die Vorfeldstudie, anhand derer sich erkennen lässt, wo sich ein Rechenzentrum rentiert. Das schafft Investitionssicherheit für die Investoren und für die Betreiber. Anschließend begleiten wir das lokale Rechenzentrum von der Finanzierung bis zum Betrieb“, so Werner Theiner.

Die Voraussetzungen, damit das Projekt GemERZ erfolgreich verlaufen kann, sind:

  • Betreiber, die gern auch aufs Land gehen und dort ein Rechenzentrum betreiben möchten. Häufig handelt es sich um schon bestehende Rechenzentrumsbetreiber, die nicht die erforderliche Größe haben, um eine riesige Rechenzentrumsfläche in der Frankfurter Innenstadt aufzubauen, die aber Potenzial darin erkennen, in die ländliche Breite zu investieren und auf diese Art zu wachsen.
  • Grund und Boden in den jeweiligen Regionen, der natürlich gekauft wird. Das übernimmt Di2 als Investorenpool.
  • Einrichtung und Betrieb des Rechenzentrums. Dafür ist der Rechenzentrumsbetreiber zuständig.

Um die Umsetzung solcher Gemeinde-Edge-Rechenzentren zu beschleunigen, wünscht sich Werner Theiner „kreative Menschen, die zukunftsorientiert denken“. Man müsse das Thema nicht sofort umsetzen, das gehe auch in drei oder vier Jahren, „aber es wäre gut, in den Gemeinden nun den Nährboden zu schaffen und eine breite Akzeptanz zu fördern“.

Indem sie neue Wege in der Digitalisierung ihrer Region beschreiten, können Gemeinden der Wirtschaft Wachstumsimpulse und den Menschen eine bessere Lebensqualität bieten. Die ersten Schritte sind gar nicht so schwer.

German Mittelstand e. V.
Di2

Fotos © Kjekol, Poungsaed_eco und Liufuyu | Envato Elements Pty Ltd.

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Maschinenraum des Internets ++ Ticker

„Die erste Hürde ist, der Digitalisierung den Schrecken zu nehmen.“

Maschinenraum des Internets ++ Produktion bei uvex

Mit 20 Jahren Erfahrung im Bereich IT und Digitales übernahm Bernd Preuschoff Anfang Mai 2020 die Position des Chief Digital Officer (CDO) in der uvex group. Das international tätige Unternehmen vertreibt Schutz- und Sicherheitsprodukte im Berufs-, Sport- und Freizeitbereich. Preuschoff, der unter anderem zuvor bei Accenture, Ingram Micro und IBM arbeitete, war zuletzt als Senior Vice President Digital Transformation & Global Strategy bei der Schwan Gruppe tätig. Im Interview gibt er einen Einblick in sein aktuelles Aufgabenfeld und generelle Erfahrungen beim Thema Digitalisierung.

Herr Preuschoff, wie digital ist die uvex group heute?

Die uvex group mit ihren Teilkonzernen uvex sports group, uvex safety group und der Filtral group hat tatsächlich schon eine gute Strecke auf dem Weg der Digitalisierung, nach innen wie nach extern, zurückgelegt. So sind heute unsere Produkte, neben den traditionellen klassischen Stores und dem B2B-Fachhandel, auch bereits über viele digitale Marktplätze für Kunden erhältlich – wir verproben auch bereits weitere digitale Geschäftsmodelle, die unser Markenerlebnis stärken können. 

Wir pilotieren außerdem mit namhaften Kunden verschiedene smarte Sicherheitsprodukte, in denen wir die digitale Welt mit unseren analogen Produkten integrieren. Außerdem ist die Arbeit unserer Mitarbeiter bereits sehr digital, sei es beispielsweise der digitale Gehaltsnachweis oder das Arbeitszeitmanagement, welche allen Mitarbeitern auf ihren mobilen Endgeräten zur Verfügung gestellt werden, oder aber auch die Online-Collaboration basierend auf Teams, welche auch zukünftig genutzt wird, um beispielsweise Produktschulungen mit Kunden durchzuführen.  

Was haben Sie sich im Rahmen Ihrer Position als CDO vorgenommen?

Das Motto, unter dem die uvex group steht, ist, nicht erst seit Zeiten von Corona, sehr relevant: protecting people. Das Ziel ist es, dieses Motto in die digitale Welt zu transferieren und für die Zukunft zu übersetzen – wie es die Kunden von einer der Top100 Innovationsmarken auch erwarten. 

Wenn jemand über die sinnhafte Kombination von digitalem und analogem Schutz des Menschen spricht, sollte er als erstes mit uns sprechen – und gleichsam wollen wir als Rollenmodell zeigen, wie ein Familienunternehmen im deutschen Mittelstand sich selbst und sein Geschäft nachhaltig und substantiell auf digitale Füße stellen kann. Das beides sind die Ziele, die ich gemeinsam mit den Kollegen verfolge. 

Schutz- und Sicherheitsprodukte erscheinen zunächst vor allem analog. Inwieweit werden Sie, neben digitalen Geschäftsmodellen und Services, auch die interne Digitalisierung vorantreiben?

In der Tat haben wir, wie oben beschrieben, bei der internen Digitalisierung schon viel erreicht, aber es gibt definitiv noch einiges zu tun – was bei einer gewachsenen Unternehmensgruppe mit mehreren Teilkonzernen nicht überraschend ist. 

Dazu gehören Themen wie beispielsweise übergreifende Daten- und Content-Strategien, aber auch architektonische Fragen, wie beispielsweise Entwicklungsplattformen für mobile Kundenservices. Für die Mitarbeiter wollen wir weiterhin ein Standardset an Weiterbildungsmaßnahmen im Bereich Digitale Methoden anbieten, damit wir auch abseits von Technologie immer mehr dahin kommen, diese im Sinne von Geschwindigkeit und Kundenzentrierung einzusetzen.

Maschinenraum des Internets ++ uvex CDO Bernd Preuschoff

Wie begegnen Sie Vorbehalten gegenüber der Digitalisierung im Unternehmen – speziell bei Mitarbeitern?

Ich denke, dass der erste Schritt ist, sich als Person und Mensch anfassbar zu machen. Bei der digitalen Transformation geht es nach meiner Überzeugung erst in zweiter Linie um Technologie – in erster Linie geht es um Menschen. Insofern bemühe ich mich immer, zunächst in einen offenen und empathischen Austausch mit den Kollegen zu kommen und die manchmal vorhandene Hürdenangst vor dem Titel „CDO“ zu nehmen. 

Nur, wenn meine Kollegen sehen, dass sie mir vertrauen können, werden sie mir zuhören, wenn ich über Veränderung spreche. Und natürlich bin ich auch auf die Kollegen angewiesen, dass sie offen mit mir darüber sprechen, was sie bewegt und mir als „Neuling“ helfen, mich im Haus zu orientieren und mir sagen, worauf ich achten muss. 

Aber das lief in den vergangenen sechs Wochen hervorragend – die Kultur bei uvex ist sehr herzlich und menschenorientiert – das hat mir das Ankommen bei und mit den Kollegen sehr leicht gemacht. Außerdem kann ich sagen, dass innerhalb der uvex group eine starke Aufgeschlossenheit gegenüber dem Thema Digitalisierung herrscht, und wir eher schauen müssen, wie wir die einzelnen Themen strukturiert angehen können.

Welche Hürden müssen aus Ihrer Sicht bei der Digitalisierung als erste überwunden werden?

Leider sehe ich noch oft, dass versucht wird, Menschen von der Notwendigkeit der Digitalisierung zu überzeugen, in dem man mir ihr droht. Das kann nicht funktionieren; hier ist eine andere Rhetorik notwendig. Zudem wird das Thema oft nicht aus Sicht des Menschen, sondern aus Sicht der Technik und Methoden angegangen – und dabei vergessen, den Menschen zu erklären, warum genau die eigene Firma das eigentlich tut. 

Die erste Hürde ist, der Digitalisierung den Schrecken zu nehmen, um dann aufzuzeigen, welchen Nutzen es für das eigene Unternehmen hat und dann zu erkennen, dass digitale Medien für uns als Privatleute schon lange nichts besonderes mehr sind. Je „normaler“ das Thema wird, um so leichter lässt sich mit den Menschen arbeiten.

Maschinenraum des Internets ++ uvex Augenschutz

Worin sehen Sie die Gründe, dass Digitalisierung in vielen deutschen Unternehmen noch immer nicht höchste Priorität hat?

Wenn man genau hinsieht, bemerkt man, dass Digitalisierung nur eines von vielen Themen ist, welches die Unternehmensführungen heute beschäftigt und auf das sie reagieren müssen. Umweltschutz, makro-ökonomische Veränderungen, neue Politik-Stile, aber auch nicht zuletzt eine globale Pandemie sorgen dafür, dass die Horizonte sehr kurzfristig werden – was auch nicht falsch ist. 

Hier wird das Digital-Thema gerne „hintenangestellt“ als Thema, mit dem man sich beschäftigt, wenn man „wieder Luft“ hat. Da bedarf es dann schon viel Weitsicht, um zu erkennen, dass digitale Produkte und Services Teil der Lösung sein können, aber nicht Teil des Problems sind. Innerhalb der uvex group haben wir glücklicherweise eine ganz klare Position, nämlich dass Digitalisierung eine unserer Kernkompetenzen sein muss und gerade in den schweren Zeiten uns auch finanziell hilft, weil wir flexibler agieren können.

Leistungsfähige Infrastrukturen sind eine Schlüsselvoraussetzung für die Digitalisierung. Deutschland hinkt – nicht nur beim Breitbandausbau – international deutlich hinterher. Sehen Sie konkrete Nachteile für die uvex group im internationalen Wettbewerb?

Für die uvex group gibt es da keine übermäßigen Probleme, wir kommen da aufgrund unserer weltweiten Aufstellung und Lokationen gut zurecht – aber für den Standort Deutschland ist das natürlich generell ein Thema. 

Für mich persönlich fehlt da immer noch recht oft die richtige Expertise im Raum bei den entsprechenden politischen Entscheidungen; ein Digital-Rat aus Startups und Digital-Prominenz, wie man ihn vor einiger Zeit gesehen hat, ist zwar medienwirksam, aber nur bedingt nachhaltig. Oftmals wird „Digital“ auch eher als Branche wie viele andere gesehen, denn als Realität und Gegebenheit, innerhalb derer es zu agieren gilt. 

Ich denke aber, dass es nach und nach besser wird – auch hier hat die Pandemie geholfen: Wenn der Staat mit der Corona-App selbst einmal sein erstes digitales Produkt ins Leben gerufen hat, wird man sicherlich viel lernen darüber, was bereits geht und was noch besser werden kann.   

Wie schätzen Sie die Personalsituation ein: Gibt es in Deutschland ausreichend Fachkräfte für eine erfolgreiche Digitalisierung – oder was muss verbessert werden?

Mittlerweile hat sich aus meiner Sicht die Situation deutlich verbessert; in manchen Bereichen geht es bereits nicht mehr darum, ein Profil zu finden, sondern tatsächlich in der Vielzahl derer, die sich „digital“ auf die Visitenkarte schreiben, die Guten herauszufiltern. 

In manchen Spezialdisziplinen, wie beispielsweise Künstlicher Intelligenz, gibt es natürlich (bedingt auch durch das junge Alter des Themas) immer noch wenig Ressourcen, aber das kann man gut über Kooperationen abdecken. Viel wichtiger ist mir immer die Rolle bzw. das Profil des „Übersetzers“ – früher nannte man das „die Schnittstelle zwischen Business und IT“. 

Dieses Profil, welches eher generalistisch angelegt ist, aber extrem wichtig ist, um Brücken zu bauen, braucht es noch viel öfter – dazu müsste der Arbeitsmarkt aber auch bereit sein, mit Generalisten umzugehen, hier wird noch zu oft rein nach Spezialwissen gesucht. 

Bernd Preuschoff bei LinkedIn
uvex group

Fotos © uvex group, u. a. Johannes Heuckeroth

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Fortschritt aus Tradition

Maschinenraum des Internets ++ Miele App FoodView

Die Produktpalette stetig verbessern und dabei aufsehenerregende Innovationen schaffen, gleichzeitig den Prinzipien Langlebigkeit, Leistung und Bedienkomfort treu bleiben – im Leitmotto „immer besser“ fasst das Familienunternehmen Miele & Cie. KG diese Ansprüche seit seiner Gründung im Jahr 1899 zusammen. Dabei beschritt das Unternehmen in seiner Historie immer wieder neue Wege und setzte schon früh auf eine umfassende Digitalisierung.

Zwischen den ersten Milchzentrifugen und dem smarten Dialoggarer liegen bei Miele 118 Jahre Unternehmensgeschichte. In dieser Zeit hat sich der Hersteller von Haushalts- und Gewerbegeräten einen hervorragenden Ruf erarbeitet. Das gelang durch die stetige Perfektionierung und Weiterentwicklung der Produkte – trotz Ausflügen in Sparten wie Fahrräder, Mopeds, Automobile oder Melkmaschinen– bis hin zur „Smartisierung“ des kompletten Portfolios.

Smart Home: Früh erkannt und konsequent umgesetzt

„Wir sind ein wenig stolz darauf, dass Miele das Thema Smart Home so früh und konsequent wie kein anderer Hersteller unserer Branche aufgegriffen und vorangetrieben hat“, betont Carsten Prudent, Leiter Unternehmenskommunikation. So setzte Miele bereits 1998 Pager-Lösungen ein, 2004 startete „Miele@home InfoControl“, 2010 „InfoControl Plus“ und 2014 schließlich „Miele@mobile“: Via App lassen sich der Status abfragen und auch ganze Geräte steuern. „FoodView“ überträgt zusätzlich das Bild einer Pyrolyse-festen Kamera im Backofen auf das Tablet oder Smartphone, der bei Bedarf per App nachgeregelt werden kann.

Maschinenraum des Internets ++ Miele 3D-Druck-Vorlagen
3D4U von Miele: Ein strömungsoptimierte Bohrlochabsauger als Zubehör – selbst hergestellt aus dem heimischen 3D-Drucker.

Auch in anderer Hinsicht nutzt Miele digitale Möglichkeiten, beispielsweise um auf neuen Wegen Zubehör anzubieten. Als erstes Unternehmen seiner Branche stellt es mit „3D4U“ kostenlose Vorlagen bereit, mit denen sich Teile für Küche, Staubsauger und Werkbank auf einem üblichen 3D-FLM-Drucker einfach zu Hause herstellen lassen. Und über einen Remote-Service können Miele-Geräte durch Software-Updates von Gütersloh aus aktualisiert werden, ganz ohne den Besuch eines Servicetechnikers. Für den Kundendienst und die Service Partner bietet das Unternehmen übrigens  seit 2010 Ersatzteilinformationen für den schnellen Zugriff auf Tablets und Smartphones an.

Maschinenraum des Internets ++ Miele appWash
appWash: Waschmaschinen und Trockner online reservieren und bargeldlos bezahlen.

Neuland beschreitet das Unternehmen mit „appWash“: Überall, wo gewerbliche Miele-Maschinen gemeinschaftlich genutzt werden, können diese künftig via Smartphone gebucht und bezahlt werden. Zukünftig wird dies auch kontaktlos per Smartwatch oder Kreditkarte möglich sein. Dafür wurde eigens die Tochter Miele Operations & Payment Solutions GmbH (OPS) gegründet.

Umfassende Digitalisierung auch intern

Schon früh setzte Miele auch intern auf die Digitalisierung. Bereits 1970 errichtete das Unternehmen ein neues Zentrallager, wo rund 35.000 Lagerplätze von einem Computer verwaltet und durch 18 Bedienfahrzeuge automatisch beschickt wurden. „Bei Miele umfasst die Digitalisierung praktisch alle Bereiche und damit auch so gut wie alle internen Prozesse“, erläutert Carsten Prudent. „Dies beginnt bei der internen und externen Kommunikation und reicht über die Logistik, Entwicklung und Produktion bis zu E-Commerce und Onlinemarketing.“

Maschinenraum des Internets ++ Miele digitaler Zwilling
Elektronik für Geschirrspüler: Miele legt von jeder verbauten Elektronik einen digitalen Zwilling (Datensatz) ab.

Seit 2008 nutzen die Gütersloher beispielsweise CAVE (Computer Aided Virtual Environment) in der Produktentwicklung. In einer virtuellen Umgebung können sich so Marketingfachleute, Designer und Techniker gleichzeitig mit neuen Vorschlägen und Ideen befassen. Aktuell wird der sogenannte digitale Zwilling in der Produktentwicklung erprobt. „Derzeit laufen in den deutschen Miele-Werken mehr als 80 Projekte, die unter das Stichwort Industrie 4.0 beziehungsweise Internet of Things (IoT) fallen“, sagt Kommunikationschef Prudent.

Maschinenraum des Internets ++ Miele Industrie 4.0
Miele-Mitarbeiter arbeitet im Werk Bielefeld bei der Verpackung von Staubsaugern Seite an Seite mit einem Roboter.

Dabei ist die Digitalisierung für Miele kein Selbstzweck, sondern bietet handfeste Vorteile, die sich sowohl für das Unternehmen selbst als auch für dessen Kunden auszahlen. „Dank der Digitalisierung lassen sich Prozesse schneller, effizienter, flexibler und kundenorientierter gestalten. Das gemeinsame Ziel bei Miele lautet, diese Chancen umfassend zu nutzen“, erklärt Carsten Prudent. Offenheit und Veränderungsbereitschaft seien aber schon seit jeher elementarer Bestandteil der Unternehmenskultur bei Miele. Und über welche künftigen digitalen Produkte denkt man zurzeit nach? Prudent: „Lassen Sie sich überraschen.“

Fotos © Miele & Cie. KG

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High-Performance Computing in Keflavik

Maschinenraum des Internets ++ Island

2012 nahm Verne Global auf einem ehemaligen NATO-Gelände unweit von Keflavik seinen Datacenter Campus in Betrieb. Inzwischen umfasst das Gelände mehr als 60.000 Quadratmeter Technikfläche. Im Interview erklärt CEO Dominic Ward die Vorzüge von Island als Standort und wie die Rechenzentren von Verne Global selbst mit Vulkanasche fertig werden.

Für viele Rechenzentrumsbetreiber auf dem europäischen Festland gehört es zu den wichtigsten Aufgaben, ausreichend Energie zu bezahlbaren Preisen zur Verfügung zu stellen. Welche wichtigen Herausforderungen im Zusammenhang mit Energie gibt es in Island, also an einem Standort, an dem Energie im Überfluss vorhanden ist?

Unser Rechenzentrumscampus befindet sich genau wegen der zuverlässigen und nachhaltigen Energieversorgung in Island. Island ist weltweit das einzige Land, das seine Energie zu 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen bezieht. Das sind Wasserkraft, Geothermie und mit einem kleinen Anteil Wind.

Auch unter erneuerbaren Energiequellen ragen Wasserkraft und Geothermie heraus. Im Gegensatz zu Wind- und Solarenergie, die Schwankungen unterliegen, sind Wasserkraft und Geothermie konstant, stabil und zuverlässig. Dazu kommt: Gegenwärtig nutzen wir in Island nur ungefähr zehn Prozent unserer geothermischen Ressourcen, ein gewaltiges Potenzial ist also noch ungenutzt.

Maschinenraum des Internets ++ Wasserkraftwerke von Landsvirkjun
Wasserkraftwerke von Landsvirkjun

Das Klima in Island ist moderat und ermöglicht spürbare Ersparnisse bei den Energiekosten bei der Klimatisierung im Rechenzentrum. An anderen Standorten werden oft 40 Prozent oder mehr des gesamten Energieverbrauchs für die Klimatisierung benötigt. Island ist eines der wenigen Ländern dieser Erde, an denen natürliche Freiluftkühlung jeden Tag und den ganzen Tag möglich ist.

Freiluftkühlung bedeutet weniger Energiebedarf im Alltag und damit geringere Kosten. Es ist sogar so: Für jedes Watt, das für den Betrieb der Server unserer Kunden in Island nötig ist, brauchen wir nur 0,05 Watt zusätzlich für die Kühlung, wohingegen an anderen Standorten pro Watt für den Serverbetrieb teilweise ein weiteres Watt für die Kühlung der Server nötig ist.

Die Stromkosten in Island sind höchst vorhersehbar und können für bis zu zehn Jahre festgelegt werden. Die geringen Stromkosten können im Vergleich zu anderen europäischen Ländern enorme Kostenersparnisse heute und in der Zukunft mit sich bringen.

Maschinenraum des Internets ++ Geothermalkraftwerk Krafla
Geothermalkraftwerk in Krafla

Die einzigartige Mischung aus im Überfluss vorhandenen, 100 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammender Energie aus stabilen geothermischen und Wasserkraftquellen, dem für Freiluftkühlung perfekten, moderaten Klima und dem Vorteil langfristig kalkulierbarer Energiekosten machen Island zum perfekten Standort für Rechenzentren.

Ein weiteres Thema ist Latenz. Islands offensichtlicher Vorteil ist die Lage zwischen Europa und Nordamerika. Allerdings ist Island weit entfernt von Metroregionen wie Frankfurt, London oder Amsterdam. Ist das für Ihre Kunden eine Herausforderung und wenn ja, wie helfen Sie ihnen dabei?

Die Kunden von Verne Global betreiben eine Vielzahl an Anwendungen, einschließlich High Performance Computing (HPC) und Machine Learning mit hohen Rechenaufwand. Ob in den Life Sciences, Research, Maschinenbau oder in der Finanzwirtschaft, fokussieren die meisten unserer Kunden auf HPC und High Density-Konfigurationen. Diese Anwendungen laufen für Minuten, Stunden, Tage oder sogar Wochen und mit zunehmender Dauer werden Standort und Latenzen immer unbedeutender.

Maschinenraum des Internets ++ Datacenter von Verne Global
Rechenzentrum von Verne Global

Zeitkritische Anwendungen wie der Hochfrequenzhandel oder das Geschäft mit Online-Anzeigen benötigen niedrige Latenzen, aber bei der Mehrzahl der Anwendungen im Enterprisesegment, circa 85 Prozent, ist Latenz nicht entscheidend, womit Entfernungen grundsätzlich unwichtiger werden und im Fall von HPC nahezu bedeutungslos.

Island ist ein geologischer Hotspot. Wie gehen Sie die damit verbundenen Herausforderungen an?

Islands geothermische Aktivität ist der wichtigste Lieferant von nachhaltiger, grüner Energie und ermöglicht uns einen weltweit einzigartigen, grünen Footprint. Island wurde 2016 im Data Centre Risk Index des globalen Beratungsunternehmens Cushman & Wakefield als weltweit sicherster Standort für Rechenzentren gekürt. Im World Risk Report des Bündnis Entwicklung Hilft (BEH) im Jahr 2019 wurde Island als Standort mit geringem Desasterrisiko, geringer als Deutschland, Schweden und die Schweiz gekennzeichnet.

Maschinenraum des Internets ++ Konzept "powerDIRECT" bei Verne Global
Konzept „powerDIRECT“ bei Verne Global

Für den Fall eines Vulkanausbruchs ist in unserem Rechenzentrum ein fortschrittliches Filtersystem installiert, das Vulkanasche aus der Luft filtert und so dafür sorgt, dass unsere Räume nicht belastet werden. Wir haben auch Support vor Ort rund um die Uhr, sollte es zu Einschränkungen im Luftverkehr kommen, kann unser Kundendienst am Standort weiterhin das Equipment unserer Kunden warten.

Maschinenraum des Internets ++ Datacenter Campus von Verne Global
Datacenter Campus von Verne Global bei Keflavik

Unser Campus befindet sich im westlichsten Teil von Island auf einem früheren NATO-Gelände, das wegen seiner Sicherheit und Stabilität ausgesucht wurde.

Warum entscheiden sich Ihre Kunden für Sie?

Verne Global ist führend im Bereich Intensity und HPC. Precision Computing ist vielen unserer Kunden wichtig, sei es BMW, die unzählige Modelle für Crash-Test-Simulationen laufen lassen oder DeepL aus Köln, die große Datenmengen für maschinelles Übersetzen verwenden.

Maschinenraum des Internets ++ High-Performance Computing bei Verne Global
High-Performance Computing bei Verne Global

Wir sind optimiert auf HPC und bieten Kunden verbesserte Performance kombiniert mit so viel Computingressourcen wie sie benötigen sowie eine effizienten Energienutzung. Die Workloads unserer Kunden benötigen oft vergleichsweise hohe Rack-Dichte und wir stellen ihnen die nötige Dichte zur Verfügung, um mit hohen Workloads und Aufgaben zurechtzukommen.

Unser Standort in Island bietet die ideale Mischung aus nachhaltiger Energie, einem zuverlässigen Stromnetz und dem perfekten Klima, um rund ums Jahr mit Freiluft zu kühlen. Unterm Strich können unsere Kunden so ihre Stromkosten signifikant senken und von planbaren Energiekosten für die absehbare Zukunft ausgehen, während sie HPC in einer dafür optimierten Umgebung nutzen.

Dominic Ward bei LinkedIn
Verne Global

Fotos © Verne Global

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Maschinenraum des Internets ++ Ticker

Aus dem Schatten getreten

Maschinenraum des Internets ++ Bodenfliese im Rechenzentrum

Noch nie zuvor merkten wir so intensiv, wie wichtig digitale Infrastrukturen für unser Leben und Arbeiten sind. Vom Homeoffice über Homeschooling bis hin zu Videochats mit Freunden und Familie – wer in den vergangenen Monaten keine gute digitale Anbindung hatte, war zum Teil von der Außenwelt abgeschnitten. Jetzt ist die Gelegenheit, digitalen Infrastrukturen durch veränderte Rahmenbedingungen endlich auch politisch den Rücken zu stärken.

„Funktionierende und leistungsfähige digitale Infrastrukturen sind das Rückgrat einer gelingenden digitalen Transformation in Deutschland und gleichzeitig Wachstumsmotor, Innovationstreiber und Multiplikator für andere Industrien, insbesondere im Bereich Industrie 4.0“, sagt Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland, die sich 2017 unter dem Dach des eco – Verband der Internetwirtschaft e. V. gegründet hat. Gerade angesichts der Corona-Krise sähen wir, wo digitale Infrastrukturen als Innovationstreiber beispielsweise in den Bereichen Verkehr und Homeoffice-Anwendungen wirkten.

Digitale Infrastrukturen erwiesen sich in der Corona-Krise als wichtiger Motor, der unsere Gesellschaft und die Wirtschaft am Laufen hielt. Lange Diskussionen um den Einsatz bestimmter Cloudangebote oder Bildungsplattformen nahmen ein jähes Ende – durch den akuten Bedarf mussten Lösungen umgehend gefunden werden und sofort flexibel skalierbar einsatzbereit sein. In vielen Bereichen bedeutete das einen Schub für digitale Infrastrukturen. Schließlich investierten Unternehmen, Bildungseinrichtungen und Privathaushalte in schnellere Internetverbindungen sowie neue Dienste und der Datenverkehr stieg auf Rekordwerte. Rechenzentren und Cloudanbieter arbeiteten mit Hochdruck, um der Nachfrage gerecht zu werden. 

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Dass die Politik und Öffentlichkeit endlich digitale Infrastrukturen als Wirtschaftsfaktor in Deutschland wahrnehmen und bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden, fordern seit Jahren die Mitglieder der Allianz, darunter DE-CIX, Interxion, Amazon Web Services und Siemens. „Digitale Infrastruktur bedeutet nicht einfach nur Breitbandausbau, sondern es umfasst vielmehr ein starkes Netzwerk von Rechenzentren, Cloudinfrastrukturanbietern, Internetaustauschknoten und Internet- und Hosting-Serviceprovidern. Sie alle bilden das eigentliche Rückgrat digitaler Wertschöpfungs- und Innovations-Ökosysteme. Die Politik muss ihre Innovations- und Wirkpotenziale sowie ihre Herausforderungen volkswirtschaftlich endlich stärker gewichten und in Politikkonzepte einbeziehen“, erklärt Alexander Rabe, Geschäftsführer des eco Verbands.

Maschinenraum des Internets ++ Hannes Ametsreiter
Hannes Ametsreiter © Vodafone

Hannes Ametsreiter, CEO bei Vodafone Deutschland, der sich ebenfalls in der Allianz engagiert, betont: „Die Zukunft Deutschlands liegt in seiner digitalen Infrastruktur – und damit nicht zuletzt in den Händen der Politik, die diese mit einer gezielten Förderung des Netzausbaus in Mobilfunk und Festnetz als auch einer Betrachtung von Rechenzentren als integralem Bestandteil eine digitalen Ökosystems stärken kann. Das schafft neue Geschäftsmodelle. Das schafft Arbeitsplätze. Das schafft Wohlstand.“

Reale Bedingungen bremsen die nachhaltige Digitalisierung 

Doch in der Praxis sahen sich die Betreiber digitaler Infrastrukturen bislang eher mit großen Herausforderungen, mangelnder Anerkennung und Unterstützung konfrontiert. „Fachkräftemangel, langwierige Genehmigungsverfahren und nicht zuletzt die hohen Stromkosten sind eindeutige Standortnachteile und eine Gefahr für den Digitalstandort Deutschland. Nicht nur in Sachen Breitbandausbau hat Deutschland seine Hausaufgaben nicht gemacht, sondern auch bei der Ansiedlungspolitik und Pflege bestehender Infrastrukturen besteht Nachholbedarf“, erklärt Allianz-Sprecher Waldhauser.

Jetzt, wo die Infrastrukturen aus dem Schatten getreten und in das Bewusstsein gerückt sind, besteht die Chance, endlich etwas an dieser Situation zu ändern. So begrüßte die Allianz ausdrücklich den Beschluss der Energieminister und Senatoren der Bundesländer, Stromkosten zu senken und dadurch ein nachhaltiges Energiewende-Konjunkturprogramm anzustoßen. „Stromkosten sind ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor für Rechenzentren. Die Stromkosten sind in Deutschland teilweise viermal so hoch wie im europäischen Vergleich. Dies liegt vor allem an der sogenannten EEG-Umlage, weiteren Abgaben und der Stromsteuer, die es in dieser Art und Höhe in anderen Ländern nicht gibt“, sagt Waldhauser. 

Maschinenraum des Internets ++ Solarstrom

Insbesondere die Umlage im Rahmen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ist ihm und seinen Mitstreitern seit Jahren ein Dorn im Auge. Betreiber von Rechenzentren gelten nicht als produzierendes Gewerbe und sind deshalb nicht von der Zahlung der EEG-Umlage befreit. Diese erweist sich als Wettbewerbsnachteil und Investitionshemmnis. Bereits 2014 mahnte der damalige Interxion-Geschäftsführer Peter Knapp im Hinblick auf die Tatsache, dass der Strom allein schon doppelt so viel wie zum Beispiel in Frankreich kostete: „Es ist fünf vor zwölf, die Politik muss jetzt handeln.“ 

Dabei benötigen Rechenzentren hierzulande ohne Frage enorme Mengen Strom, laut dem Netzwerk energieeffiziente Rechenzentren (NeRZ) rund 12,4 Milliarden Kilowattstunden im Jahr 2016, was in etwa 2,3 Prozent des deutschen Strombedarfs entsprach. Aber wie eine aktuelle Studie von eco und der Allianz zeigt: Während sich der Bedarf an Rechenleistung durch die anhaltende Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft in den vergangenen zehn Jahren verzehnfacht hat, ist der Energiebedarf pro Gigabit in Rechenzentren heute zwölfmal niedriger als noch im Jahr 2010.

Stromkosten sind ein wesentlicher Wettbewerbsfaktor für Rechenzentren. Die Stromkosten sind in Deutschland teilweise viermal so hoch wie im europäischen Vergleich.

Dr. Béla Waldhauser, Sprecher der Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland

Da Stromkosten ein wichtiger Wettbewerbsfaktor sind, besteht großes Interesse der Betreiber, diese möglichst durch den Einsatz neuester Technik und Erkenntnisse so gering wie möglich zu halten. Und wie würde der Energieverbrauch aussehen, wenn Unternehmen statt Colocation zu nutzen, ihre eigene, womöglich veraltete IT, alle selbst intern betrieben? 

„Die Umlagen, Abgaben und Steuern für Rechenzentren müssen daher auf ein moderates Niveau gesenkt werden, um diesen Wettbewerbsnachteil abzumildern und international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die Länder haben diesen Zusammenhang richtig erkannt. Die Vorschläge liegen auf dem Tisch und sollten jetzt rasch umgesetzt werden“, so Waldhauser. Die Abschaffung der EEG-Umlage für Rechenzentren könnte ein erster wichtiger Schritt sein, um digitalen Infrastrukturen die ihnen gebührende Wertschätzung zukommen zu lassen.

Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland

Fotos © Kjekol, Chuyu2014 | Envato Elements Pty Ltd.

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Maschinenraum des Internets ++ Ticker

Auffallen, ohne aufzufallen

Maschinenraum des Internets ++ Arbeiten im Rechenzentrum

Im Maschinenraum des Internets sind noch Stellen frei. Speziell am Hub Frankfurt gibt es viele Möglichkeiten, vor allem für Techniker. So steht es in den Jobportalen. Was dort allerdings nicht steht: Dass, wer hier arbeiten will, eine Qualifikation mitbringen sollte, die in keiner Ausbildung gelehrt wird.

Mit der IT verhält es sich schließlich so: Jeder will sie benutzen, ohne darüber nachzudenken. Alles soll intuitiv, verlässlich, sicher funktionieren. Wer mit IT arbeitet – und wer tut das nicht? – möchte nicht darüber nachdenken, ob heute wohl wieder alles flutscht und warum. Wer mit IT arbeitet, erwartet, dass die IT funktioniert. 

Anerkennung setzt Sichtbarkeit voraus, aber wer für das Funktionieren der IT Verantwortung trägt, wird oft erst dann sichtbar, wenn nichts mehr geht. Selbst wenn die mehr oder weniger unsichtbare, hochmoderne Infrastruktur in mehr als 99,999 Prozent der Zeit unbemerkt vor sich hinfunzt. Das kann frustrierend sein.  

Der beste Schutz vor Frust ist Selbstwirksamkeit. Diese Erkenntnis ist auch in unserer Branche angekommen, weshalb wir vor einiger Zeit angefangen haben, uns selbst um Sichtbarkeit und Anerkennung zu kümmern. Das erklärt, warum Rechenzentren neuerdings nicht mehr nur reine Zweckbauten sind, sondern auch mal eine architektonisch auffällige Fassade spendiert bekommen.

Maschinenraum des Internets ++ FRA15 – Interxion Rechenzentrum
Rechenzentrum FRA15 © Interxion

Und es erklärt die Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen in Deutschland, die mit einigem Nachdruck darauf hinweist, welche Rolle die grundlegende Netzwerkinfrastruktur für die Wirtschaft und längst auch für das Funktionieren einer offenen und freien Gesellschaft spielt. Rechenzentrumsbetreiber, Colocation-Anbieter, Internet Service Provider, Carrier, Cloudanbieter, Softwarehersteller und Vertreter aus der Anwendungsindustrie machen sich hier gemeinsam sichtbar und werben um Anerkennung, die sich gerne auch in unterstützender, statt hemmender Standortpolitik bemerkbar machen darf.

Und wir machen mit Botschaften wie diesen auf uns aufmerksam, mit denen der Nutzen einer modernen IT herausgestellt wird: „Die IT wird vom Kostenfaktor zum Innovationstreiber.“ „Kosten senken und Umsatz steigern durch effiziente IT .“ „Neue Märkte erschließen mit besserer Connectivity.“ Allesamt Botschaften mit denen, die IT primär aus der Anwenderperspektive kennen, dazu gebracht werden sollen, genauer hinzuschauen und zu entdecken, welche phantastische Arbeit ganz unten erbracht wird.

In klugen Unternehmen ist das nichts Neues. Hier ist der Wert einer funktionierenden und neue Wege erschließenden IT bekannt. Mehr Sicherheit, weniger Latenz. Mehr Connectivity, weniger Kosten. Neue Märkte, mehr Kunden, mehr Vielfalt beim Angebot möglicher Partner. Mehr von alledem, was letztlich zu den Metriken führt, die zum unternehmerischen Erfolg beitragen: Mehr Reichweite, mehr Kunden, mehr Aufmerksamkeit, mehr Umsatz. Mehr Gewinn.

Hier könnte die Geschichte enden. Ein kluges Unternehmen, das die Bedeutung der IT-Infrastruktur erkennt, entsprechend handelt und sich so einen Wettbewerbsvorteil gegenüber denjenigen sichert, die weniger vorausschauend und agil managen.

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eco – Verband der Internetwirtschaft e. V.

Wem würde eine solche Geschichte, eine typische Success Story nicht gefallen? Wer würde sie nicht für eine gute Geschichte halten? Nun. Vielleicht diejenigen, die nach uns kommen? Oder alle die, die schon heute nicht nur danach fragen, „warum“ wir etwas tun. Sondern die auch wissen wollen „wozu“? 

Kausaler versus modaler Zusammenhang

Warum und wozu: Zwei Fragewörter, die eigentlich recht ähnlich sind, die auch oft ganz ähnlich gebraucht werden, die aber doch ganz unterschiedliche Antworten ermöglichen. Das wird in den drei oben genannten Botschaften deutlich. Sie alle zielen nicht nur auf das Warum ab, sondern ganz konkret das Wozu? Es geht dabei nicht um kausale Zusammenhänge. Wer nur nach dem kausalen Zusammenhang fragt, ist schneller zufrieden zu stellen: 

„Warum brauchen wir eine vernünftige IT?“ 
„Um unsere Daten verarbeiten zu können!“

 
Wer aber nach einem modalen Zusammenhang fragt, will es genauer wissen. 

„Wozu brauchen wir eine vernünftige IT?“ 
„Um unsere Daten verarbeiten zu können.“ 
„Und wozu diese Datenverarbeitung?“ 
„Um unseren Kunden ein besseres Nutzererlebnis bieten zu können?“ 
„Und wozu das bessere Nutzererlebnis?“ 
„Damit unser Laden nicht pleite geht.“ 
„Und wozu genau braucht es nochmal Ihren Laden?“ 
„Öhm. Da muss ich etwas ausholen.“
„Oder erst noch mal in Ruhe nachdenken?“

Sich der Frage nach dem Wozu zu stellen, ist anstrengend. Es ist aber auch wichtig. Gerade in einer so energieintensiven Branche wie unserer.

Mein Tipp, für alle, die „sich verändern wollen“ und daher freie Stellen im Maschinenraum des Internets scannen: Fühlen Sie Ihren potenziellen Arbeitgebern ruhig mal mit der Frage nach dem Wozu auf den Zahn. Die Antwort könnte Ihnen einiges darüber verraten, ob Sie Ihre Zukunft in die Sorte Geschäftsmodell investieren, nach dem zurzeit alle suchen: ein sinnvolles und nachhaltiges.

Fotos © Dotshock | Envato Elements Pty Ltd.

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